Super: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai von 2.744.000 auf 2.664.000 gesunken. Auch der ifo Geschäftsklimaindex stieg im Wonnemonat, die Unternehmer sind deutlich zufriedener mit der Wirtschaftslage der Nation. Die Zurückhaltung der Verbraucher und Investoren aus dem ersten Quartal ist verschwunden. Trotz globaler Konjunkturschwäche kletterte das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2016.
Tolle Aussichten für die Wirtschaft. Aber auch für Anleger?
Retrospektive Spätindikatoren
Prinzipiell schon. Sinkende Arbeitslosenzahlen, steigende Geschäftsklimaindizes und ein steigendes BIP deuten auf eine positive Wirtschaftsentwicklung hin. Auch der Blick auf Verbraucherpreise, Inflationsraten, Export- und Auftragszahlen der Unternehmen geben Anhaltspunkte. Doch für Ihre Anlageentscheidung helfen Ihnen die Konjunkturdaten nicht wirklich.
Denn Konjunkturdaten und Wirtschaftsklimaindizes sind Spätindikatoren für die Börse, sie werden erst im Nachgang durch zum Teil aufwendige Verfahren ermittelt, sodass die Zahlen erst Wochen nach dem eigentlichen Erhebungszeitraum zur Verfügung stehen. Nehmen Sie beispielsweise die Inflationsberechnung: Hier fließt der Ölpreis ein. Erst wenn die Verbraucher getankt haben und Gewissheit über den Preis besteht, kann das statistische Bundesamt die Inflationsrate berechnen – obwohl diese Entwicklung bereits zu erwarten war.
Anleger reagieren auf Erwartungen, nicht auf Konjunkturdaten
Der Ölpreis läuft den Wirtschaftsdaten also voraus. So verhält es sich generell an der Börse: Aktien reagieren in der Regel früher als die Konjunkturdaten auf Veränderungen der Wirtschaftslage.
Die Börsenhistorie gibt viele Beispiele: Im Januar 1960 erreichte der Dow Jones sein Hoch mit 685 Punkten und fiel dann kontinuierlich. Vier Monate später gerieten die USA in eine Rezession, die bis zum Februar 1961 andauerte. Aber schon im Oktober 1960 erreichte der Dow Jones mit 566 Punkten sein Tief und die Kurse stiegen wieder an – also lange vor dem Ende der Rezession.
1965 war das BIP in Deutschland gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent gewachsen und es herrschte Vollbeschäftigung. Dennoch waren während des ganzen Jahres die Aktienkurse in Deutschland gefallen. Und sie fielen weiter, als im Jahr darauf, ab Herbst 1966, die Wirtschaft der Bundesrepublik in eine Rezession geriet. Diese dauerte 15 Monate bis Ende 1967, aber schon im Januar desselben Jahren hatten die deutschen Aktien ihr Tief erreicht und stiegen bis zum Jahresende um über 50 Prozent an. Ähnlich verlief es bei den Rezessionen in den 70ern, 80ern, 90ern und auch nach der Finanzkrise von 2008/20009.
Warum das so ist? Weil Anleger und Investoren bereits Aktien kaufen oder sie halten, wenn sie schon gute Aussichten haben. Sie reagieren also bereits, wenn sie Veränderungen erwarten oder absehen können, und nicht erst, wenn sie eingetreten sind. Somit steigen und sinken die Kurse, bevor eine Konjunkturänderung überhaupt eintritt.
Wenn die Halbjahreszahlen bereits andeuten, dass ein Unternehmen im nächsten Jahr einen doppelt so hohen Umsatz macht, kaufen Sie die Aktie ja auch nicht erst am Jahresende, wenn der Umsatz schon gestiegen ist. Nein, Sie kaufen bereits früher, um davon zu profitieren.
Eigenständige Marktanalyse mit tagesaktuellen Indikatoren
Auch wenn Amtsautoritäten die Wichtigkeit von Konjunkturdaten hochhalten, blenden Sie die Wirtschaftsentwickung für Ihre Anlageentscheidung lieber aus. Natürlich sollten Sie die Konjunkturdaten zur Kenntnis nehmen – schließlich ist eine florierende Wirtschaft grundsätzlich auch gut für die Aktienmärkte. Nutzen Sie sie jedoch bitte nicht als Handlungsaufforderung, sondern eher um Tendenzen zu erkennen. Denn Konjunkturzahlen können Ihnen maximal eine Bestätigung für die Börsenentwicklung geben, aber keine Prognose liefern. Mal ganz abgesehen davon, dass die Börse auf die Veröffentlichung von Konjunkturdaten immer wieder anders reagiert.
Damit Sie wissen, wann Sie an der Börse ein- oder aussteigen, richten Sie sich nach Marktdaten wie etwa Rohstoffen, Zinsen und Währungskursen – und nicht nach amtlichen Statistiken (die werden zum Teil ja sogar nachträglich noch korrigiert). Ganz ohne BWL- oder VWL-Studium und aufwendige Analyse der weltweiten Volkswirtschaften können Sie sich durch die Beobachtung der Entwicklung dieser Marktdaten fortwährend Ihr eigenes Bild über die Lage an der Börse verschaffen. Entscheiden Sie dann eigenständig, warum, ob und in welchen Aktien Sie engagiert bleiben. Das bringt Ihnen wesentlich mehr Erfolg an der Börse, als sich nach Meldungen über die Wirtschaftsdaten der Vergangenheit zu richten, die so keine Hinweise auf bevorstehende Wendepunkte an der Börse ermöglichen.
Und es vereinfacht Ihre Marktanalyse deutlich.