Den Kindern morgens das Nutella-Brot schmieren, zwischendurch mit dem Siemens-Staubsauger durchs Eigenheim jagen, wenn es die Zeit zulässt, Yoga machen, die Kids nach der Schule beim Tanzen und Fußball abliefern und abends noch ein perfektes Dinner für Freunde zaubern … Wie Vorwerk es im Jahr 2006 in seinem Werbespot betitelte: Die moderne Hausfrau führt ein kleines erfolgreiches Familienunternehmen.
Hausfrauen an die Börse
In China haben Hausfrauen noch ein ganz besonderes Hobby: Sie investieren seit einigen Jahren an der Börse – so auch Rentner und Teenager. Denn die Führung in Peking propagierte bis ins vergangene Frühjahr hinein einen Aktienboom. Mit Unterstützung der vielen Kleinanleger wollte die Regierung dafür sorgen, dass die Mittelschicht ihr Erspartes den Unternehmen zur Verfügung stellt, gleichzeitig dabei reich wird und so die schwächelnde Konjunktur gestützt wird. Sogar ausländische Privatanleger ließen sich vom China-Boom anlocken und Jahr für Jahr wurden neue Fonds aufgelegt, die das eingesammelte Kapital ihrer Anleger in China investierten.
Der Plan ging nicht ganz auf: Denn nun ist der Crash da, die Börse stürzte so sehr ab, dass der Handel sogar mehrfach zeitweise ausgesetzt wurde, um den Markt zu beruhigen und die Panikverkäufe der Kleinanleger auszubremsen. Nun stehen laut Medien alle unter Schock: Die Angst ist groß, dass der Crash die Weltwirtschaft in die Knie zwingt. Das ging ja auch ziemlich plötzlich und kaum jemand war darauf vorbereitet. Mal im Ernst: Diese Entwicklung war über kurz oder lang zu erwarten.
Es gibt dafür diesen schon sehr diskriminierenden Begriff „Dienstmädchenhausse“, der genau dieses Szenario beschreibt, dass ein Markt durch zu viele schlecht informierte Kleinanleger überreizt wird.
Japanische Managementmethoden
Und wenn Sie circa 25 Jahre zurückblicken, konnten Sie exakt das gleiche Szenario beobachten: Damals war Japan das Land der aufgehenden Sonne – die künftige Weltwirtschaftsmacht, die bald die USA ablösen würde. Japanische Managementmethoden wurden als Allheilmittel angepriesen, unzählige Fonds aufgelegt und die Börse in Tokio schien damals ebenfalls fest in der Hand von Hausfrauen, die das Familienvermögen durch Aktienspekulationen mehrten. Dann brach der Markt zusammen, es folgte ein jahrelanger Absturz und bis heute notiert der japanische Aktienmarkt 50 Prozent unter seinen damaligen Höchstkursen.
Oder nehmen Sie den Internetboom im Jahr 2000 – dort gab es einen ähnlichen Verlauf. Aber wenn Sie den chinesischen Aktienmarkt im Sommer letzten Jahres anhand von Kennzahlen, wie z.B. dem KGV, mit den „Mondkursen“ der Technologiebörse NASDAQ oder dem Neuen Markt im Frühjahr 2000 vergleichen, dann war China selbst demgegenüber nochmal um rund 40 Prozent überbewertet.
Wenn die Börsen überhitzen
Ob New York, Frankfurt am Main oder Shanghai – die Börse unterliegt schließlich bestimmten Gesetzmäßigkeiten und Zyklen: Wenn die Börsen überhitzt sind, gibt es eine Gegenbewegung und Preise fallen auf ein realistisches Niveau. Solche Bereinigungen sind also ganz natürlich. Sie fallen umso heftiger aus, je höher die vorangegangene Übertreibung war.
Sie sind in amerikanischen oder europäischen Aktien investiert und haben Sorge, dass der Crash in China die Weltaktienmärkte mit in den Abgrund reißt? Dann kann ich Sie beruhigen. Sicher haben die Märkte in den Vereinigte Staaten und Europa reagiert, denn hiesige Markteilnehmer haben ja auch in China investiert, verkaufen nun ihre Aktien oder Fondsanteile und Fondsgesellschaften müssen Positionen glattstellen und Liquiditätslücken schließen. Aber das sind zumindest nur kurzfristige Reaktionen. Meine Erfahrung zeigt, dass sich die Leitbörsen in den USA und Europa bald wieder von der Entwicklung der chinesischen Börse abkoppeln werden. Falls Sie chinesische Aktien halten oder in China-Fonds investiert sind, ziehen Sie Ihr Geld besser ab und lassen Sie sich bloß nicht von „Experten“ ermuntern, dort billig einzusteigen, denn die Talfahrt dürfte sich noch fortsetzen.
Und was ist mit China?
China ist einfach nicht das Land, von dem das Wohl und Wehe der globalen Konjunktur abhängt. Vielmehr ist es die „Werkbank“ der Weltwirtschaft – dort wird eben möglichst billig produziert und zwar meist zum Profit großer internationaler Konzerne oder einzelner inländischer Unternehmer. Im Vergleich zu den Leitaktienmärkten ist China, wie ich finde, eher eine exotische Börse mit vielen unerfahrenen Kleinanlegern und einem Staat, der nach Belieben in das Geschehen eingreift. Der Motor der Weltwirtschaft – dort wo Innovationen entstehen und wirklich die treibende Kaufkraft zu finden ist – sind die USA, eine zunehmende Anzahl europäischer Länder und sogar Japan.
Sie werden sehen, dass die meisten Börsen den Crash in Shanghai ohne größere Blessuren überstehen werden und er keinen Grund bietet, Ihre anderen Aktien jetzt in Panik abzustoßen. Bleiben Sie ruhig investiert, bis wirklich einmal andere Indikatoren dagegensprechen.
Übrigens: Dass Hausfrauen an der Börse investieren, finde ich klasse! Aber nur, sofern sie sich – wie alle anderen Marktteilnehmer – mit den Mechanismen der Märkte vertraut machen und einschätzen können, warum sie wo investieren.